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Per Abfindung die Rente aufbessern

20.3.2025
Avatar von Jürgen Sinn
Jürgen Sinn
4 Minuten

Viele Firmen wollen aktuell Personal abbauen – und locken mit guten Abfindungen. Gerade für Ältere kann dies lukrativ sein, frühzeitig aus dem Job auszuscheiden und trotzdem die Rente deutlich zu erhöhen.

Zusammenfassung

Abfindungen sind individuell und basieren auf Alter, Gehalt, Betriebszugehörigkeit und Arbeitsbereich. Es gibt keinen Anspruch auf Abfindung. Steuern und Sozialabgaben reduzieren die Netto-Abfindung. Eine Option ist, die Abfindung in die Rentenkasse einzahlen zu lassen, was Steuern spart und die Rente erhöht. Die Abfindung sollte mindestens den Einkommensverlust und die Rentenminderung abdecken.

Auch wenn aktuell viele Firmen Abfindungs-Programme bieten, um in der Krise Personal abzubauen – jede Abfindungs-Vereinbarung ist eine individuelle Entscheidung. Maßgeblich für die Höhe sind:

  • Alter,
  • Gehalt,
  • Betriebszugehörigkeit,
  • Arbeitsbereich.

Einen Anspruch auf Abfindung gibt es aber nicht. Das heißt, wer formal die Bedingungen erfüllt, z.B. das entsprechende Alter, hat trotzdem kein Recht darauf, dass gegen eine Abfindung der Arbeitsvertrag aufgelöst wird.

Und auch wenn häufig sechsstellige Beträge gezahlt werden – Steuer und Krankenkassen-Beiträge reduzieren die Netto-Abfindung (trotz Fünftel-Regel) deutlich.

Quote

"Es gibt keinen gesetzlichen Anspruch auf eine Abfindung. Aber als Faustformel gilt: ein halbes Bruttogehalt pro Jahr der Betriebszugehörigkeit."

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Joachim Piezynski

Fachanwalt für Arbeitsrecht in Düsseldorf

Sehr viel lukrativer kann es, sich einen Teil der Abfindung (oder den gesamten Betrag) in die Rentenkasse einzahlen zu lassen. Denn dies erspart nicht nur Steuern und Sozialabgaben, sondern bringt über künftige Renten-Erhöhungen auch eine weitere, positive Rendite.

Weniger Steuern und Abgaben

Wichtig dabei:

  • Die Abfindung (oder Teile davon) müssen direkt vom Arbeitgeber an die Rentenkasse gehen.
  • Auch dann können diese Beträge als Vorsorgeaufwendungen selbst im Jahr der Abfindung steuerlich genutzt werden (maximal sind 27.566 Euro als Singles bzw. 55.132 Euro für Verheiratete) so absetzbar.
  • Maximal können Arbeitgeber den Betrag als Abfindung in die Rentenkasse einzahlen, der möglich wäre, um alle Abschläge bei der frühestmöglichen Rente (der Rente für langjährig Versicherte mit 63) auszugleichen.
  • Für je etwa 8.400 Euro eingezahlter Abfindung erhält man dem Rentenkonto einen Entgeltpunkt gutgeschrieben, der dann wieder (heutiger Stand) 39,32 Euro monatlicher Rente bringt (künftige Renten-Erhöhung nicht berücksichtigt). Wer z.B. 50.000 Euro in die Rentenkasse einzahlen lässt, erwirbt knapp 6 Entgeltpunkte und damit gut 234 Euro monatlicher Rente. Zum Vergleich: Hätte man 50.000 Euro als Gehalt erhalten, hätten sich daraus nur etwa 1,14 Entgeltpunkte und damit nur etwa 45 Euro Monatsrente ergeben.

Steuer-Vorteile in der Rente

Hinzu kommt: Da der durchschnittliche Steuersatz als Rentner deutlich niedriger ist als bei Arbeitnehmern, erspart der direkte Weg der Abfindung zur Rentenkasse auch Steuern, selbst wenn ein Großteil der (höheren) Rente zu versteuern ist.

Allerdings ist diese Verwendung der Abfindung endgültig, das heißt nicht widerrufbar.

Ideale Abfindung

Doch wie hoch sollte eine Abfindung sein, damit sich Arbeitsplatz-Verlust und eine vorgezogene Rente lohnen? Entscheidend sind diese Fakten:

  • Nicht von der bloßen Summe blenden lassen, z.B. wenn plötzlich eine höhere fünfstellige oder sogar sechsstellige Summe im Raum steht.
  • Immer vom aktuellen Netto-Gehalt ausgehen und daraus z.B. das Arbeitslosengeld berechnen (60% des letzten Netto).
  • Auf keinen Fall sofort in Rente gehen, auch wenn man z.B. schon 63 ist, sondern immer das Arbeitslosengeld davor nutzen – einerseits ist ALG I höher als die Rente, außerdem gibt es währenddessen noch Rentenpunkte.
  • Aus entgangenem Netto-Gehalt und ALG 1 den Einkommensverlust errechnen, der sich bis zum eigentlichen Ausscheiden bzw. Übergang in die Rente ergibt.
  • Zusätzlich die Renten-Minderung berechnen. Denn für die Zeit einer Arbeitslosigkeit gibt es zwar Rentenpunkte, aber weniger als wenn weitergearbeitet worden wäre.
  • Diese Renten-Minderung beträgt bei einem Durchschnitts-Verdiener und 2 Jahren Arbeitslosigkeit bei 20 Jahren Renten-Bezugsdauer schnell einige tausend Euro.
  • Diese Summe auf den Verlust beim Netto-Einkommen addieren.
  • Das ergibt die Mindest-Abfindungssumme.

Ein Beispiel: Wer 61 ist und 5.000 Euro brutto verdient, hat ein Netto-Einkommen von etwa 3.490 Euro, was wiederum etwa 1.880 Euro ALG I ergibt. Der Einkommensverlust bei 2 Jahren Arbeitslosigkeit beträgt also etwa 39.000 Euro. Hinzu kommt die Renten-Minderung aus der Zeit der Arbeitslosigkeit von knapp 5.000 Euro. Heißt: Die Abfindungssumme muss mindestens 44.000 Euro betragen, um nur die Einkommensverluste bis zum frühesten Rentenbeginn mit 63 auszugleichen.

Kürzung für rentennahe Jahrgänge

Aber: Wer bereits relativ nahe am Rentenbeginn ist, also z.B. nach Auslaufen der 2 Jahre Bezugszeit von Arbeitslosengeld I eine Rente beantragen kann, muss immer mit Abschlägen bei der Abfindung rechnen. Deshalb auch nie den frühestmöglichen Rentenbeginn als Ausgangspunkt für eine Abfindung nehmen, sondern die Regelaltersgrenze.

Welche Tipps bei Abfindungs-Gesprächen beachtet werden sollten, erläutert der Fachanwalt Joachim Piezynski im folgenden Interview.

Aufhebungsvertrag oder Kündigung?

Interviewer: Jürgen

Foto: Illustration: Shutterstock.com

Angenommen es kriselt im eigenen Unternehmen – sollten Arbeitnehmern sich dann lieber kündigen lassen oder einem Aufhebungsvertrag zuzustimmen?
Piezynski: Wenn es nicht schon gleich eine Anschluss-Tätigkeit gibt, also ein neuer Job bei einer anderen Firma, ist ein Aufhebungsvertrag immer mit dem Risiko verbunden, dass dies zu einer Sperrzeit beim Arbeitslosengeld führen kann. Um dieses Risiko zu reduzieren, muss der Aufhebungsvertrag bestimmte Bedingungen erfüllen.
Welche Bedingungen sind das genau?
Piezynski: Es muss ausdrücklich erklärt werden, dass der Vertrag zur Vermeidung einer Kündigung aus betriebsbedingten Gründen geschlossen wurde. Dann muss die für den Arbeitnehmer geltende Kündigungsfrist eingehalten werden. Und schließlich sollte die Abfindung höchstens mit dem Faktor 0,5 berechnet werden. Ist sie höher, läuft man auch dadurch Gefahr, dass ebenfalls eine Sperre beim Arbeitslosengeld verhängt wird.
Quote

"Für rentennahe Jahrgänge gibt es immer Abschläge bei Abfindungen."

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Joachim Piezynski

Fachanwalt für Arbeitsrecht in Düsseldorf

Wie lang kann eine solche Sperre maximal dauern?
Piezynski: Der Anspruch auf ALG I ruht höchstens für 12 Monate. Aber parallel zur Sperrzeit kann die Arbeitsagentur die Abfindung auch auf den ALG-Anspruch anrechnen. Daher sollten Arbeitnehmer auf jeden Fall eine Lösung verhandeln, die eine Kündigung des Arbeitgebers beinhaltet, und sich dazu fachlichen Rat holen. Denn es können hier sehr schnell teure Fehler passieren.
Viele, gerade ältere Arbeitnehmer, spekulieren bei einer Abfindung auf eine hohe Summe – ist die Hoffnung berechtigt?
Piezynski: Das ist Verhandlungssache. Aber kein Arbeitgeber wird einem Mitarbeiter mit 30 Jahren Betriebszugehörigkeit, der nur noch anderthalb Jahre bis zur Rente hat, 15 Bruttogehälter als Abfindung geben. Das gilt auch bei Sozialplänen, wo ältere, „rentennahe“ Arbeitnehmer einen niedrigeren Faktor erhalten. Deshalb spielen immer auch diese Dinge eine Rolle: Wie lange ist es noch bis zur Rente? Wie viel Zeit kann mit ALG I überbrückt werden? Wie hoch sind die Einbußen bei der Rente? All das bildet die Grundlage für die Abfindung. Aber auch da sollte jeder Arbeitnehmer aufpassen: Denn wenn bei der Berechnung auf den frühestmöglichen Renteneintritt abgestellt wird, erhält man ja die Rente nur mit Abschlägen; heißt: auch dies muss berücksichtigt werden.