Zusammenfassung
Auch auf ETFs (börsennotierte Index-Fonds) werden Steuern fällig – und zwar auch auf thesaurierende Fonds, die Dividenden automatisch anlegen. Wie hoch die Steuern sind hängt auch davon ab, um welche Art von ETFs es sich handelt. Das Finanzamt setzt dazu jährlich eine Vorab-Pauschale fest, mit der auf fiktive Erträge Steuern erhoben werden. Wichtig ist, dass deshalb den Sparer-Freibetrag auch auf Depots auszuweiten und beim Verkauf von ETFs die Vorab-Pauschalen mit den tatsächlichen Kapital-Ertragssteuern zu verrechnen.
Viele Menschen sparen Geld in ETFs, also börsennotierten Index-Fonds, an. Aber irgendwann will man die Fonds wieder ganz oder teilweise auszahlen lassen, um die Rente aufstocken zu können? Wie werden ETFs dann besteuert?
Generell werden ETFs immer beim Verkauf besteuert. Das heißt, so lange man einzahlt, werden keine Steuern fällig. Und besteuert wird immer der Ertrag, also die Spanne zwischen dem Wert beim Kauf und beim Verkauf. Die Ordergebühren werden jeweils eingerechnet bzw. berücksichtigt. Als Steuern zu zahlen sind 25% Abgeltungssteuer und 5,5% davon als Solidaritätszuschlag (den gibt es hier noch) sowie Kirchensteuer. Insgesamt zahlen also keine Kirchenmitglieder 26,38% Steuern auf ETF-Gewinne, Kirchenmitglieder in Bayern und Baden-Württemberg 27,82% und Kirchenmitglieder in allen anderen Bundesländern 28% Steuern.
Gilt das für alle ETFs?
Im Prinzip ja, allerdings unterscheidet das Steuerrecht zwischen ausschüttenden und thesaurierenden Index-Fonds; bei denen werden Dividenden, die der Fonds erhält wieder angelegt.
"Das Finanzamt setzt bei ETFs oft fiktive Gewinne an und berechnet darauf Steuern"

Susanne Höb
Geldanlage-Expertin beim Verbraucherportal JustETF
Der Reihe nach: Was gilt bei ausschüttenden ETFs?
Hier gilt das gerade beschriebene – auf die ausgeschütteten Dividenden muss Kapital-Ertragssteuer, Soli-Zuschlag und ev. Kirchensteuer gezahlt werden. In der Regel zieht die Fondsgesellschaft dies sofort ab und zahlt nur den Rest aus.
Und bei nicht-ausschüttenden ETFs, also wenn Dividenden wieder angelegt werden?
Da will der Staat nicht so lange warten, bis man Anteile verkauft, um dann den Ertrag zu ermitteln. Sondern hier will der Finanzminister sofort etwas vom Wert-Zuwachs erhalten. Wer also einen thesaurierenden ETF hat, muss bei Gewinn, Steuern auf die sog. Vorab-Pauschale zahlen. Dabei wir ein fiktiver Ertrag ermittelt. Die fällige Steuer zieht der Broker oder die Bank automatisch vom Verrechnungskonto ein.
Fiktive Rechnung des Finanzamtes
Wie wird denn die Vorab-Pauschale konkret ermittelt?
Ausgangspunkt ist der sog. Basis-Zins für das jeweilige Jahr, den das Finanzministerium festsetzt. Zur Formel gehören auch noch der Wert des Fonds am Jahresanfang und ein Umrechnungsfaktor. Wichtig für Sparer ist vor allem, dass Broker bzw. Bank die Berechnung vornehmen und dass später, wenn Anteile oder alles verkauft werden, exakt die Vorab-Pauschale mit der tatsächlichen Steuer verrechnet wird.
Das heißt, man zahlt auf die durch die Vorab-Pauschale ermittelten, fiktiven Erträge kontinuierlich Steuern?
Ja, bei nicht ausschüttenden Index-Fonds. Die Kapital-Ertragssteuer wird dabei aber nicht schon vom 1. Euro des Ertrags erhoben, sondern erst auf Erträge oberhalb des Sparer-Pauschbetrags (über 1.000 Euro bei Singles, über 2.000 Euro bei Ehepaaren). Das bedeutet, erst bei höheren Anlagen fallen so hohe (fiktive) Erträge an, dass der Freibetrag überschritten wird. Wer nicht so viel Geld in ETFs angelegt hat, bleibt in der Regel von der Steuer verschont. Aber gerade Klein-Anleger sollten darauf achten, dass sie ihrer Bank einen Freistellungsauftrag (auch für die ETFs) erteilt haben; andernfalls würde die Steuer automatisch abgezogen werden. Und bei Aktien-ETFs gibt es noch eine Besonderheit: Enthält der ETF mindestens 51% Aktien, sind pauschal 30% der Erträge steuerfrei. Das betrifft in der Regel alle ‚handelsüblichen‘ Index-Fonds, die z.B. den MSCI World, den FTSE 500 oder den DAX abbilden.
Und was ist bei Misch-ETFs?
Dann hängt der steuerfreie Anteil vom Aktien-Anteil ab. Generell gilt: Liegt der Aktien-Anteil unter 25% ist nichts steuerfrei; beträgt der Aktien-Anteil zwischen 25 und 50% liegt der steuerfreie Anteil bei 15%, und bei einem Aktien-Anteil von über 50%, beträgt der steuerfreie Anteil 30%.
Freistellungsauftrag auch fürs Depot
Worauf sollten Sparer noch achten?
Dass gezahlte Kapital-Ertragssteuern bei der Einkommens-Steuererklärung angegeben werden, so dass dies verrechnet werden kann.
Kann man bei ETFs Steuern sparen?
Wichtig bei ausschüttenden Index-Fonds: Den Sparer-Pauschbetrag sinnvoll auf Konten und Depots verteilen. Wird der Freibetrag nicht ausgenutzt, macht es Sinn, Erträge wieder anzulegen, solange sich alles innerhalb des Freibetrags abspielt, bleiben Erträge steuerfrei. Bei thesaurierenden Fonds werden die Erträge ohnehin wieder angelegt. Fällt der Basiszins mal negativ aus, zuletzt 2013 und 2022, muss man keine Steuern auf die Vorab-Pauschale zahlen. So spart man gerade langfristig massiv Steuern. Aktiv Steuern gespart werden kann, wenn vom wachsenden Fonds-Vermögen gerade so viel verkauft wird, um den Freibetrag auszuschöpfen. Denn nicht genutzte Freibeträge können nicht ins Folgejahr übertragen werden.
Vorab-Zahlung später gegenrechnen
Wie werden Erträge bei einem Entnahme-Plan berechnet?
Wird stückchenweise verkauft, werden stets die ältesten Fonds-Anteile gewertet und daraus die Erträge ermittelt. Doch diese haben die höchste Rendite – mit entsprechend hoher Steuern. Dies lässt sich umgehen, in dem man die ältesten Anteile in ein zweites Depot übertragen werden, so dass sich im ersten Depot nur Anteile.
Gilt die Vorab-Pauchale auch für ausländische ETFs?
Nein, den automatischen Steuer-Abzug gibt es nur bei deutschen Banken. Hat man ein ETF-Depot bei einer ausländischen Bank hat, gilt das dortige Steuerrecht. Das hat erhebliche Folgen: Einerseits ist dort ein Freistellungsauftrag nicht möglich, der den Steuerabzug verhindert. Stattdessen zieht die ausländische Bank ev. Quellensteuer ab, die dann unter Umständen über die Einkommensteuer-Erklärung in Deutschland erstattet werden kann. Und bei einem Auslands-Depot muss man sich auch selbst um die Steuer kümmern, das heißt in jedem Fall bei der Steuererklärung die Anlage KAP ausfüllen.